2019 Nordelsass

          Wanderwochenende im Land der 500 Burgen
Dettinger Albverein zog es in die nordelsässischen Vogesen

Wandern , Wein und Fröhlichsein, wo könnte das besser zusammenpassen als in den Sandsteinvogesen, genauer gesagt  im  unterelsässischen Wasgau,   wo seltsam zerklüftete Felsen mit ihrem rötlichen Buntsandstein sind, aus denen zahlreiche Burgen herausgemeißelt wurden, und liebliche Waldtäler, in denen murmelnde Bäche zu Tal rinnen.  Die Ortsgruppe Dettingen des Schwäbischen Albvereins unternahm deshalb vom 30. August bis 3. September eine viertägige Wanderfahrt in den  Naturpark der Nordvogesen, was man als Geheimtipp für Wanderer bezeichnen  und empfehlen kann und  welcher noch nicht so überlaufen ist. Selbst Französischkenntnisse sind nicht erforderlich, da die meisten Elsässer dort auch deutsch sprechen.  Und der Wettergott hatte glücklicherweise den Teilnehmern  traumhaftes  Spätsommerwetter bestellt. Gewandert wurde über die schönsten und höchsten Erhebungen der bewaldeten nördlichen Vogesen. Teilweise wurde  dabei auch  öfters die Staatsgrenze hinüber zur Pfalz gewechselt. Vier geführte Rundwanderungen  und zwei Stadtbesichtigungen  hatte Wanderführer Karl-Heinz Drieschner mit seiner Frau zusammengestellt.  Und so fanden sich immerhin 15 Teilnehmer zusammen  und fuhren  in Fahrgemeinschaften  zunächst über die Rheinbrücke bei Rheinau ins benachbarte Frankreich, wo ein erster Stop stattfand und Monika Sgolik selbstgemachte Muffins und Kaffee servierte.

Anfahrtsziel und Ausgangspunkt der ersten Halbtageswanderung am Donnerstag war das  beliebteste Ausflugsziel der Nordvogesen:  die Burgruine  Haut-Barr bei Saverne, die auch „Das Auge des  Elsasses“  genannt wird, wegen seiner herrlichen  Rundsicht  bei klarem Wetter nach allen Himmelsrichtungen , auch über die Rheinebene  hinweg bis zum Schwarzwald und  in die  Südpfalz. Von dieser früheren Burg  in  470 m Höhe aus  führte die Wanderung  an einem alten Telegrafenturm, dem Tour Chappe , und zwei  Burgruinen, Groß bzw. Klein Geroldseck,  vorbei zum sog. Hexentisch und weiter zur beeindruckenden Grotte vom Brotschberg, wo ein erstes Gruppenfoto gemacht wurde und dann auf den Brotschbergfelsen darüber, wo die Wanderer ihr  Vesper einnehmen konnten und hier hatte man gleichfalls einen beeindruckenden Ausblick  in die bewaldeten Täler  darunter und  bis  zu den Ausläufern des Schwarzwaldes. Im Verlauf dieser Rundwanderung ging es dann zum Brotschberg mit seinem Aussichtsturm sowie zum  Krappenfelsen und zurück zum 1170 erbauten  Chateau Haut Barr, das auf drei  Felsquadern  gigantischen Ausmaßes von Friedrich Barbarossa  erbaut wurde und vermutlich im Dreißigjährigen Krieg geschleift  und zerstört wurde. Sehenswert ist auch dort die romanische Burgkapelle mit interessantem Blendbogenfries  an der Außenwand.

Anschließend wurde zur Nachmittagszeit das romantische Städtchen Saverne (Zabern) besichtigt.  Diese zauberhafte Rosenstadt, deren Name auf das lateinische Tres Tabernae (Drei Wirtschaften) zurückgeht,  wird auch das elsässische Versailles genannt  und bezaubert den Besucher  mit seinem „savoir  vivre“  und mit seinem klassizistischen Schloß Chateau des Rohan ,  alten Fachwerkhäusern, dem Rhein-Marne-Kanal und dem Flüsschen Zorn.  Insbesondere auch hübsche Gastwirtschaften, wie  das sehenswerte Maison  Katz mit originellen Schnitzereien und Butzenglasfenster, prägen die Stadt.  Nach einem  kleinen Stadtrundgang  und einem Besuch natürlich  in einem  bekannten französischen  Cafe in der lebhaften Grand Rue, der langen zentralen Fußgängerzone der Stadt , wurde die Weiterfahrt zum Hotel und Standquartier in Lembach  vorgenommen und  gemeinsam zu  Abend  gegessen im Gimbelhof, einem originell elsässischem Ausflugsgasthof  in der Nähe der Burg Fleckenstein.

Die beiden darauffolgenden Wanderexcursionen waren die Highlights  der Wandertage. Es wurden zwei Ganztageswanderungen , d.h. abwechslungsreiche Touren zu insgesamt  7  Burgruinen unternommen,  wobei immer wieder bizarre   Felsformationen , die  vor ca. 245 Millionen Jahren bei  trockenen und wüstenhaften Klimaverhältnissen dort entstanden und sich herausgebildet haben, und auf  einigen von ihnen Burgen gebaut wurden.  Die erste dieser Wanderungen führte  vom Stausee Etang  de Fleckenstein, einem Stausee in der Nähe von Lembach,  zunächst zum bereits erwähnten Gimbelhof und von dort auf steilem, engem Gebirgspfad  auf den den  Col  de Hohenburg  weiter zunächst zu einem weiteren  Felsen , dem Krappenstein, von dem man eine der schönsten Aussichten auf die Burg Fleckenstein und das Waldgebiet ringsherum genießen konnte. Von dort aus wanderte man  zu den Burgruinen  Löwenstein, Hohenburg  mit schöner Renaissancepforte  und Schießscharten mit einer Mauerdicke von 5 Metern,  bis zur Wegelnburg. Letztere befindet sich auf deutschem, pfälzerischem Gebiet, so dass man zunächst die Grenze überschritt, bei der man auf dem Rückweg bei einer kleinen Hütte und einer Quelle Vesperrast machte. Danach ging es  auf etwas schwierigen Verhältnissen auf dem Felsenweg ,  wo man am Langenfels vorbeikam, hinunter zu der imponierenden Burg Fleckenstein.  Die Familie Fleckenstein errichtete diese Burg  im 12. Jh.,  wie die meisten elsässischen Burgen,  als Lehensherren der Hohenstaufen  auf  einem außergewöhnlichen  Felsbarren, in dem im Innern der Burg von unten bis ganz nach oben eine Steintreppe gehauen wurde.   Nach Besichtigung der Fleckenstein (Eintritt 4,50 €) ging es ins Tal der Sauer wieder an der deutsch pfälzischen Grenze eine etwas längere Steigung auf der anderen Talseite zur letzten Burgruine dieses Wandertages: der Froensburg,  die man nur auf langen, schrägen  Holz- bzw. Eisenleitern erklettern kann und man deshalb schwindfrei sein sollte.  Der Abschluss war ein Abendessen mit Flammkuchen und Pizza zu einem festen Preis von 13 €, soviel wie man wollte und konnte, beim Stausee und Campingplatz, wo die Tageswanderung begann, und zwar im Lokal „La Buvette“. Die dortige Chefin empfahl  dieses  Menu, das auf Französisch  als „Formule“  bezeichnet wird, und bei Wandergruppen wegen der  Schnelligkeit der Zubereitung für alle sehr geeignet ist.

Tags darauf begann die zweite Ganztageswanderung in der Nähe im Teilort Obersteinbach. Bereits beim Aussteigen konnte man die Ruine Klein  Arnsberg  sehen, bei der man später noch vorbekommen sollte. Entlang des Steinbachs ging es zunächst  gemächlich nach Niedersteinbach, von wo aus es  dann aber  eine  Stunde lang bei sehr  warmen Wetterverhälnissen  steil  bergan ging. Oben angekommen wurde man dann mit der Besteigung des sog. Zigeunerfelsens belohnt, auf dem sich  im 12. Jh.  eine Zigeunerbande aufhielt und die Bauern plünderte. Danach ging es zu der wohl geschichtlich bedeutsamsten Burgruine, dem Wasigenstein. Bekannt durch das Waltharilied  aus dem 9. Jh. fand hier der ungleiche Kampf zwischen König Gunther  von Worms und Hagen von Tronje  und elf weiteren Helden einerseits und dem Königssohn Walter von Aquitanien statt, der mit seiner Verlobten Hildegrund  auf der Flucht aus Ungarn  sich hier verschanzte.  Zwei riesige Felssockel senken sich hinab ins Tal, nur durch einen schmalen Felseinschnitt getrennt. Die Besteigung des hohen Burgturmes mit Eisen- bzw. Steintreppen kann nur schwindelfreien Personen empfohlen werden. Bei der folgenden Wanderstrecke erfreute man sich beim  Auf und Ab und schattigen  Pfaden auf weichem Untergrund  weiterer Tagesziele  wie dem Friedenskreuz auf einem Aussichtsfels, indem man für die steilen Anstiege belohnt wurde mit fernen Ausblicken in das pfälzische Waldgebiet. Zuvor passierte man jedoch die   Bergspitze des 513 m hohen  Maimont, auf dem man  einem  Zeugnis keltischer Vergangenheit begegnete, vermutlich einer Opferschale, die in einen Stein gehauen wurde, sowie  Felsformationen, die wie lange Mauern aus dem Dickicht des Waldes die Wanderer begrüßten.   Im weiteren Wegeverlauf, der auf schmalen steilen Zick-Zack-Pfaden  ins Tal hinunter ging, strebte man der Burgruine Klein Arnsberg zu, wobei man zuvor noch hoch aufstrebende Sandsteinfelsen, wie den Wolfsfelsen, passierte und es weiterging  zum letzten Wanderziel, dem durchlöcherten Wachtfelsen, der durch sein von Wind und Wetter verursachtes Loch einen herrlichen Durchblick hinunter auf Obersteinbach und das Steinbachtal bot. Ehe  man dann dem  Endziel  der Tageswanderung  zusteuerte, begegnete man  noch zufälligerweise  einem bekannten Meister   einer japanischen Kunst zuschauen,  der  zusammen mit einer Frau  in dieser herrlichen Naturumgebung  Übungen  mit Stock und Fächer auf dem Felsen  zelebrierte  und Bild- und Filmaufnahmen von ihnen gemacht wurden. Nach dem Abendessen in einem örtlichen Lokal  nahm man noch teil auf der gerade stattfindenden  Kirbe in Lembach, die die örtliche Feuerwehr dort jährlich  veranstaltet.

Am letzten Tage standen ein paar gemütliche Punkte auf dem Programm: Es  wurden zunächst in Climbach die Reste einer zerstörten Kapelle, von der nur noch die Grundmauern und ein Bogen vorhanden sind,  sowie der Climbronn, eine mystische, heilige Quelle, besichtigt.  Nach kurzer Autofahrt danach erreichte man dann das kleine Dorf Cleebourg  und machte dort eine kleine Wanderung durch die Weinberge, die die nördlichsten des Elsasses sind,  mit Vesperpause  mittendrin unter Weinstöcken und Weinreben   und konnte herrliche alte Bauernhäuser auf dem Rückweg  durch die lange Dorfstraße entdecken, bevor man die Weiterfahrt nach  dem acht Kilometer weit entfernten Wissembourg ,  wie Weißenburg auf Französisch heißt,  antrat,  und  es führte zunächst ein Rundgang durch das Städtchen. Es bot den Besuchern sowohl Schätze aus Geschichte und Kunstgeschichte,  speziell  aus  der Romanik  sowie der  Renaissance. Insbesondere wurde das alte Kloster  Sankt-Peter-und-Paul besucht mit seiner karolingischen Kapelle und  Krypta  aus dem  11. Jh. mit spärlichen Resten von  Wandmalerei über den Hl. Willibrord bewundert.  Außerdem sehenswert waren kleine Gassen und Winkel  wie  „Klein Venedig „   oder ein altes Waschhaus an dem Flüßchen  Lauter, das sich malerisch durch die  ganze Stadt hindurch schlängelt, und einer herrlichen Dachlandschaft, die man von dem Wall der alten Stadtmauer entdecken kann. In einem  Café am Zentralplatz mit Blick auf das  alte Salzhaus mit beeindruckendem,  hohen abgestuftem  Dach  ließen sich die Ausflügler  u.a.  auch von den  berühmten  französischen Eclairs verführen, einer  Art „Süße Stückle“ , und so rundete man  den  Stadtbummel  angenehm ab.  Gegen Abend  erfolge dann dieRücksreise  und die schönen, aber auch  teilweise anstrengenden Wandertage  wurden mit einem rustikalen Abschluß   mit  elsässischem Flammekueche  bzw.  Pizza aus dem Holzofen im  Ausflugslokal  „ La Couronne“  (Krone) in Roeschwoog  kurz vor der Grenze  beendet, bevor man wieder über den Rhein und den Schwarzwald heimfuhr.

Fotogalerie:

Links oben: Start  bei der Burgruine Haut Barr

Mitte oben: In der  Grotte de Brotsch

rechts oben: auf dem Krappenfelsen

darunter links: Besichtigung der Ruine Haut Barr

rechts davon: Das Maison de Katz in Saverne

 

Links oben: Auf dem Krappenfelsen

Mitte oben: Blick vom Krappenfelsen auf die Ruine Fleckenstein

Rechts oben: Auf dem Felsenweg zum Fleckenstein

Links unten: Die Ruine Fleckenstein

Unten Mitte:  die Froensburg

Rechts unten: Auf der Froensburg ganz oben

Links  oben und Mitte: Auf dem Zigeunerfelsen

Rechts oben: Der Wasigenstein

Links Mitte: Auf dem Wachtfelsen

Daneben rechts : Kirchenruine in Climbach

rechts Mitte: Idyllisches Fleckchen an der Lauter in Weissenburg

Links unten:  Die Wanderer auf der Brücke über die Lauter

Mitte unten: Fresko  des Hl. Willibrod  in der Kathedralenkapelle in Weissenburg