Wanderwochenende im Land der 500 Burgen
Dettinger Albverein zog es in die nordelsässischen Vogesen
Wandern , Wein und Fröhlichsein, wo könnte das besser zusammenpassen als in den Sandsteinvogesen, genauer gesagt im unterelsässischen Wasgau, wo seltsam zerklüftete Felsen mit ihrem rötlichen Buntsandstein sind, aus denen zahlreiche Burgen herausgemeißelt wurden, und liebliche Waldtäler, in denen murmelnde Bäche zu Tal rinnen. Die Ortsgruppe Dettingen des Schwäbischen Albvereins unternahm deshalb vom 30. August bis 3. September eine viertägige Wanderfahrt in den Naturpark der Nordvogesen, was man als Geheimtipp für Wanderer bezeichnen und empfehlen kann und welcher noch nicht so überlaufen ist. Selbst Französischkenntnisse sind nicht erforderlich, da die meisten Elsässer dort auch deutsch sprechen. Und der Wettergott hatte glücklicherweise den Teilnehmern traumhaftes Spätsommerwetter bestellt. Gewandert wurde über die schönsten und höchsten Erhebungen der bewaldeten nördlichen Vogesen. Teilweise wurde dabei auch öfters die Staatsgrenze hinüber zur Pfalz gewechselt. Vier geführte Rundwanderungen und zwei Stadtbesichtigungen hatte Wanderführer Karl-Heinz Drieschner mit seiner Frau zusammengestellt. Und so fanden sich immerhin 15 Teilnehmer zusammen und fuhren in Fahrgemeinschaften zunächst über die Rheinbrücke bei Rheinau ins benachbarte Frankreich, wo ein erster Stop stattfand und Monika Sgolik selbstgemachte Muffins und Kaffee servierte.
Anfahrtsziel und Ausgangspunkt der ersten Halbtageswanderung am Donnerstag war das beliebteste Ausflugsziel der Nordvogesen: die Burgruine Haut-Barr bei Saverne, die auch „Das Auge des Elsasses“ genannt wird, wegen seiner herrlichen Rundsicht bei klarem Wetter nach allen Himmelsrichtungen , auch über die Rheinebene hinweg bis zum Schwarzwald und in die Südpfalz. Von dieser früheren Burg in 470 m Höhe aus führte die Wanderung an einem alten Telegrafenturm, dem Tour Chappe , und zwei Burgruinen, Groß bzw. Klein Geroldseck, vorbei zum sog. Hexentisch und weiter zur beeindruckenden Grotte vom Brotschberg, wo ein erstes Gruppenfoto gemacht wurde und dann auf den Brotschbergfelsen darüber, wo die Wanderer ihr Vesper einnehmen konnten und hier hatte man gleichfalls einen beeindruckenden Ausblick in die bewaldeten Täler darunter und bis zu den Ausläufern des Schwarzwaldes. Im Verlauf dieser Rundwanderung ging es dann zum Brotschberg mit seinem Aussichtsturm sowie zum Krappenfelsen und zurück zum 1170 erbauten Chateau Haut Barr, das auf drei Felsquadern gigantischen Ausmaßes von Friedrich Barbarossa erbaut wurde und vermutlich im Dreißigjährigen Krieg geschleift und zerstört wurde. Sehenswert ist auch dort die romanische Burgkapelle mit interessantem Blendbogenfries an der Außenwand.
Anschließend wurde zur Nachmittagszeit das romantische Städtchen Saverne (Zabern) besichtigt. Diese zauberhafte Rosenstadt, deren Name auf das lateinische Tres Tabernae (Drei Wirtschaften) zurückgeht, wird auch das elsässische Versailles genannt und bezaubert den Besucher mit seinem „savoir vivre“ und mit seinem klassizistischen Schloß Chateau des Rohan , alten Fachwerkhäusern, dem Rhein-Marne-Kanal und dem Flüsschen Zorn. Insbesondere auch hübsche Gastwirtschaften, wie das sehenswerte Maison Katz mit originellen Schnitzereien und Butzenglasfenster, prägen die Stadt. Nach einem kleinen Stadtrundgang und einem Besuch natürlich in einem bekannten französischen Cafe in der lebhaften Grand Rue, der langen zentralen Fußgängerzone der Stadt , wurde die Weiterfahrt zum Hotel und Standquartier in Lembach vorgenommen und gemeinsam zu Abend gegessen im Gimbelhof, einem originell elsässischem Ausflugsgasthof in der Nähe der Burg Fleckenstein.
Die beiden darauffolgenden Wanderexcursionen waren die Highlights der Wandertage. Es wurden zwei Ganztageswanderungen , d.h. abwechslungsreiche Touren zu insgesamt 7 Burgruinen unternommen, wobei immer wieder bizarre Felsformationen , die vor ca. 245 Millionen Jahren bei trockenen und wüstenhaften Klimaverhältnissen dort entstanden und sich herausgebildet haben, und auf einigen von ihnen Burgen gebaut wurden. Die erste dieser Wanderungen führte vom Stausee Etang de Fleckenstein, einem Stausee in der Nähe von Lembach, zunächst zum bereits erwähnten Gimbelhof und von dort auf steilem, engem Gebirgspfad auf den den Col de Hohenburg weiter zunächst zu einem weiteren Felsen , dem Krappenstein, von dem man eine der schönsten Aussichten auf die Burg Fleckenstein und das Waldgebiet ringsherum genießen konnte. Von dort aus wanderte man zu den Burgruinen Löwenstein, Hohenburg mit schöner Renaissancepforte und Schießscharten mit einer Mauerdicke von 5 Metern, bis zur Wegelnburg. Letztere befindet sich auf deutschem, pfälzerischem Gebiet, so dass man zunächst die Grenze überschritt, bei der man auf dem Rückweg bei einer kleinen Hütte und einer Quelle Vesperrast machte. Danach ging es auf etwas schwierigen Verhältnissen auf dem Felsenweg , wo man am Langenfels vorbeikam, hinunter zu der imponierenden Burg Fleckenstein. Die Familie Fleckenstein errichtete diese Burg im 12. Jh., wie die meisten elsässischen Burgen, als Lehensherren der Hohenstaufen auf einem außergewöhnlichen Felsbarren, in dem im Innern der Burg von unten bis ganz nach oben eine Steintreppe gehauen wurde. Nach Besichtigung der Fleckenstein (Eintritt 4,50 €) ging es ins Tal der Sauer wieder an der deutsch pfälzischen Grenze eine etwas längere Steigung auf der anderen Talseite zur letzten Burgruine dieses Wandertages: der Froensburg, die man nur auf langen, schrägen Holz- bzw. Eisenleitern erklettern kann und man deshalb schwindfrei sein sollte. Der Abschluss war ein Abendessen mit Flammkuchen und Pizza zu einem festen Preis von 13 €, soviel wie man wollte und konnte, beim Stausee und Campingplatz, wo die Tageswanderung begann, und zwar im Lokal „La Buvette“. Die dortige Chefin empfahl dieses Menu, das auf Französisch als „Formule“ bezeichnet wird, und bei Wandergruppen wegen der Schnelligkeit der Zubereitung für alle sehr geeignet ist.
Tags darauf begann die zweite Ganztageswanderung in der Nähe im Teilort Obersteinbach. Bereits beim Aussteigen konnte man die Ruine Klein Arnsberg sehen, bei der man später noch vorbekommen sollte. Entlang des Steinbachs ging es zunächst gemächlich nach Niedersteinbach, von wo aus es dann aber eine Stunde lang bei sehr warmen Wetterverhälnissen steil bergan ging. Oben angekommen wurde man dann mit der Besteigung des sog. Zigeunerfelsens belohnt, auf dem sich im 12. Jh. eine Zigeunerbande aufhielt und die Bauern plünderte. Danach ging es zu der wohl geschichtlich bedeutsamsten Burgruine, dem Wasigenstein. Bekannt durch das Waltharilied aus dem 9. Jh. fand hier der ungleiche Kampf zwischen König Gunther von Worms und Hagen von Tronje und elf weiteren Helden einerseits und dem Königssohn Walter von Aquitanien statt, der mit seiner Verlobten Hildegrund auf der Flucht aus Ungarn sich hier verschanzte. Zwei riesige Felssockel senken sich hinab ins Tal, nur durch einen schmalen Felseinschnitt getrennt. Die Besteigung des hohen Burgturmes mit Eisen- bzw. Steintreppen kann nur schwindelfreien Personen empfohlen werden. Bei der folgenden Wanderstrecke erfreute man sich beim Auf und Ab und schattigen Pfaden auf weichem Untergrund weiterer Tagesziele wie dem Friedenskreuz auf einem Aussichtsfels, indem man für die steilen Anstiege belohnt wurde mit fernen Ausblicken in das pfälzische Waldgebiet. Zuvor passierte man jedoch die Bergspitze des 513 m hohen Maimont, auf dem man einem Zeugnis keltischer Vergangenheit begegnete, vermutlich einer Opferschale, die in einen Stein gehauen wurde, sowie Felsformationen, die wie lange Mauern aus dem Dickicht des Waldes die Wanderer begrüßten. Im weiteren Wegeverlauf, der auf schmalen steilen Zick-Zack-Pfaden ins Tal hinunter ging, strebte man der Burgruine Klein Arnsberg zu, wobei man zuvor noch hoch aufstrebende Sandsteinfelsen, wie den Wolfsfelsen, passierte und es weiterging zum letzten Wanderziel, dem durchlöcherten Wachtfelsen, der durch sein von Wind und Wetter verursachtes Loch einen herrlichen Durchblick hinunter auf Obersteinbach und das Steinbachtal bot. Ehe man dann dem Endziel der Tageswanderung zusteuerte, begegnete man noch zufälligerweise einem bekannten Meister einer japanischen Kunst zuschauen, der zusammen mit einer Frau in dieser herrlichen Naturumgebung Übungen mit Stock und Fächer auf dem Felsen zelebrierte und Bild- und Filmaufnahmen von ihnen gemacht wurden. Nach dem Abendessen in einem örtlichen Lokal nahm man noch teil auf der gerade stattfindenden Kirbe in Lembach, die die örtliche Feuerwehr dort jährlich veranstaltet.
Am letzten Tage standen ein paar gemütliche Punkte auf dem Programm: Es wurden zunächst in Climbach die Reste einer zerstörten Kapelle, von der nur noch die Grundmauern und ein Bogen vorhanden sind, sowie der Climbronn, eine mystische, heilige Quelle, besichtigt. Nach kurzer Autofahrt danach erreichte man dann das kleine Dorf Cleebourg und machte dort eine kleine Wanderung durch die Weinberge, die die nördlichsten des Elsasses sind, mit Vesperpause mittendrin unter Weinstöcken und Weinreben und konnte herrliche alte Bauernhäuser auf dem Rückweg durch die lange Dorfstraße entdecken, bevor man die Weiterfahrt nach dem acht Kilometer weit entfernten Wissembourg , wie Weißenburg auf Französisch heißt, antrat, und es führte zunächst ein Rundgang durch das Städtchen. Es bot den Besuchern sowohl Schätze aus Geschichte und Kunstgeschichte, speziell aus der Romanik sowie der Renaissance. Insbesondere wurde das alte Kloster Sankt-Peter-und-Paul besucht mit seiner karolingischen Kapelle und Krypta aus dem 11. Jh. mit spärlichen Resten von Wandmalerei über den Hl. Willibrord bewundert. Außerdem sehenswert waren kleine Gassen und Winkel wie „Klein Venedig „ oder ein altes Waschhaus an dem Flüßchen Lauter, das sich malerisch durch die ganze Stadt hindurch schlängelt, und einer herrlichen Dachlandschaft, die man von dem Wall der alten Stadtmauer entdecken kann. In einem Café am Zentralplatz mit Blick auf das alte Salzhaus mit beeindruckendem, hohen abgestuftem Dach ließen sich die Ausflügler u.a. auch von den berühmten französischen Eclairs verführen, einer Art „Süße Stückle“ , und so rundete man den Stadtbummel angenehm ab. Gegen Abend erfolge dann dieRücksreise und die schönen, aber auch teilweise anstrengenden Wandertage wurden mit einem rustikalen Abschluß mit elsässischem Flammekueche bzw. Pizza aus dem Holzofen im Ausflugslokal „ La Couronne“ (Krone) in Roeschwoog kurz vor der Grenze beendet, bevor man wieder über den Rhein und den Schwarzwald heimfuhr.
Fotogalerie:
Links oben: Start bei der Burgruine Haut Barr
Mitte oben: In der Grotte de Brotsch
rechts oben: auf dem Krappenfelsen
darunter links: Besichtigung der Ruine Haut Barr
rechts davon: Das Maison de Katz in Saverne
Links oben: Auf dem Krappenfelsen
Mitte oben: Blick vom Krappenfelsen auf die Ruine Fleckenstein
Rechts oben: Auf dem Felsenweg zum Fleckenstein
Links unten: Die Ruine Fleckenstein
Unten Mitte: die Froensburg
Rechts unten: Auf der Froensburg ganz oben
Links oben und Mitte: Auf dem Zigeunerfelsen
Rechts oben: Der Wasigenstein
Links Mitte: Auf dem Wachtfelsen
Daneben rechts : Kirchenruine in Climbach
rechts Mitte: Idyllisches Fleckchen an der Lauter in Weissenburg
Links unten: Die Wanderer auf der Brücke über die Lauter
Mitte unten: Fresko des Hl. Willibrod in der Kathedralenkapelle in Weissenburg